Seit der portugiesische Gesetzgeber die Einkünfte der Kategorie H (Renten/Pensionen) von Neuansässigen (auf Portugiesisch „residentes não habituais”, wörtlich: „nicht gewöhnliche Ansässige“) unter bestimmten Voraussetzungen von der Besteuerung ausgenommen hat, herrscht unter ausländischen Ruheständlern große Verunsicherung, ob und inwieweit sie hiervon betroffen sind, und ob sie tatsächlich ihren Lebensabend in Portugal unbeschwert vom Fiskus verbringen können. Im Internet lässt sich zu diesem Thema viel Information, leider aber auch noch mehr Desinformation finden. Ich möchte daher an dieser Stelle einmal versuchen, etwas Licht in diese – zugegebenermaßen etwas komplizierte – Materie zu bringen und ein paar grundsätzliche Fragen zu klären:
Als erstes sollten sich Betroffene und Interessenten fragen, ob sie denn in Portugal überhaupt steuerrechtlich „ansässig“ (residente) sind – und damit auch unbeschränkt steuerpflichtig –, bzw. ob sie beabsichtigen, solches zu werden. Zu diesem Punkt höre ich oft die Antwort: „Nein, ich bin ja noch in Deutschland gemeldet, und zahle daher auch noch dort meine Steuern“. Diese Aussage beruht auf der irrigen Auffassung, man könnte seine steuerlichen Pflichten durch eine Entscheidung, die „Wahl eines Wohnsitzes“, beeinflussen.
Dies ist jedoch falsch. Die Meldung einer Wohnung bei einem deutschen Einwohnermeldeamt, zu der man nach deutschem Melderecht verpflichtet ist, wenn man in Deutschland eine Wohnung bezieht, ist für die steuerrechtliche Frage der Ansässigkeit ohne Bedeutung. Bestenfalls kann sie als ein Indiz gewertet werden. Denn steuerrechtlich zählt nicht, ob und wo man gemeldet ist, sondern wie sich die Lebenssituation einer Person tatsächlich gestaltet, und ob sie entsprechend dieser Tatsachenlage nach dem einschlägigen Steuerrecht als ansässig gilt, oder nicht.
So sieht das portugiesische Einkommensteuergesetz (Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Singulares) eine Person u.a. als in Portugal ansässig an, wenn sie sich in einem Kalenderjahr mehr als 183 Tage in Portugal aufgehalten hat, oder zum 31. Dezember über eine Wohnung unter Bedingungen verfügt, die vermuten lassen, dass beabsichtigt ist, diese als gewöhnlichen Aufenthaltsort zu halten und zu bewohnen. Erfüllt eine Person diese Voraussetzungen, muss sie sich grundsätzlich als „residente“ bei der portugiesischen Finanzverwaltung melden.
Es kommt also rein auf die Fakten an; es besteht kein Gestaltungsrecht in dem Sinne, dass man sich den Ort aussucht, wo man „lieber“ seine Steuern zahlt. Wer entgegen der tatsächlichen Lebenssituation sich nicht ansässig meldet, begeht daher regelmäßig einen Gesetzesverstoß.
Bei grenzüberschreitenden Lebenssituationen kann es schnell dazu kommen, dass eine Person nach den Rechtsordnungen beider beteiligten Länder als ansässig gilt, etwa, weil man sowohl in dem einen als auch in dem anderen Land über eine Wohnung verfügt. Damit wäre sie im Grundsatz in beiden Ländern unbeschränkt steuerpflichtig und müsste folglich ihre weltweiten Einkünfte in beiden Ländern, also doppelt, versteuern. Glücklicherweise werden diese Situationen meistens von sogenannten „Doppelbesteuerungsabkommen“ (DBA´s), genauer: „Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung“, entschärft; diese Abkommen lösen die Frage der Ansässigkeit im Konfliktfall zugunsten des einen oder des anderen Staats. So gilt beispielsweise eine Person, die sowohl in Deutschland als auch in Portugal über eine ständige Wohnstätte verfügt, nach dem deutsch-portugiesischen Doppelbesteuerungsabkommen in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlicheren und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).
Ist die Frage nach der Ansässigkeit in Portugal beantwortet, ist als nächstes zu fragen, ob man denn auch „nicht gewöhnlich“, oder etwas verständlicher ausgedrückt, „neu“ ansässig ist bzw. wird. Denn als solcher gilt nur, wer in Portugal ansässig wird, ohne es in den fünf vorausgegangenen Jahren gewesen zu sein. Trifft dies zu, kann der Betroffene bei seiner Registrierung bei den Finanzbehörden den Sonderstatus des Neuansässigen (residente não habitual) beantragen und damit für einen Zeitraum von 10 Jahren die mit dem Status verbundenen Vergünstigungen wahrnehmen. Versäumt er die Registrierung, besteht noch bis zum 31. März des Folgejahres die Möglichkeit, sie nachzuholen.
Eine der mit dem Sonderstatus verbundenen Vergünstigungen ist nun, wie eingangs schon erwähnt, die Befreiung der Einkünfte der Kategorie H (Renten/Pensionen) von der Steuerpflicht, sofern sie entweder a) nach den Vorschriften eines Doppelbesteuerungsabkommens im anderen Staat besteuert werden, oder b) nach portugiesischem Recht nicht als in Portugal erzielt gelten.
Damit ist aber noch nicht gesagt, dass diese Einkünfte auch im Quellenstaat steuerfrei sind. Variante a) macht sogar ausdrücklich zur Voraussetzung für die Steuerbefreiung in Portugal, dass die Besteuerung nach den Vorschriften eines Doppelbesteuerungsabkommens im anderen Staat (Quellenstaat) stattfindet. Aber auch Variante b) führt nicht ohne weiteres zur vollständigen Steuerbefreiung, denn möglicherweise existiert kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Quellenstaat. Auch in diesen Fällen kann aber das Sonderstatut vorteilhaft sein, denn die Freistellung in Portugal ist häufig günstiger als die normalerweise zur Anwendung kommende Anrechnung der ausländischen Steuer auf die portugiesische Steuerschuld; nämlich immer dann, wenn die ausländische Steuer geringer ist als die portugiesische.
Nur in dem Fall, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen existiert, das die Besteuerung der Einkünfte im Ansässigkeitsstaat vorsieht, und diese nach portugiesischem Recht nicht als in Portugal erzielt gelten, kommt es tatsächlich zur vollständigen Steuerfreiheit sowohl in Portugal als auch im Quellenstaat.
Es hängt also letztlich vor allem vom jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen ab, ob und inwieweit ein Rentner unter dem Sonderstatut tatsächlich seinen Lebensabend in Portugal unbeschwert vom Fiskus verbringen kann. Pauschale Aussagen, dass Renten gemäß den Doppelbesteuerungsabkommen nur im Ansässigkeitsstaat besteuert würden, sind schlichtweg falsch. Obwohl die Abkommen im Allgemeinen einem Muster folgen, unterscheiden sie sich doch oft in kleinen, aber wichtigen Details. Jede Situation ist daher individuell zu prüfen, insbesondere ist auch genau zu unterscheiden, um welche Art der Altersversorgung es sich handelt.
So legt beispielsweise das deutsch-portugiesischen Doppelbesteuerungsabkommen sowohl für Betriebsrenten als auch für Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Altersversorgung fest, dass diese im Ansässigkeitsstaat versteuert werden. Bezüglich der Renten aus der gesetzlichen Altersversorgung existiert jedoch in diesem DBA eine „subject-to-tax-clause“, d.h., werden diese nicht in Portugal besteuert, kommt es doch noch zu einer Besteuerung in Deutschland. Mit anderen Worten: deutsche Pensionäre und Empfänger von Betriebsrenten dürfen sich freuen, deutsche Rentner der gesetzlichen Altersversorgung dagegen weniger.
Anders dagegen gemäß dem österreichisch-portugiesischen und dem schweizer-portugiesischen Doppelbesteuerungsabkommen: Diese sprechen die Beamtenpensionen gemäß dem Kassenstaatprinzip im Regelfall dem Quellenstaat zu, haben aber keine subject-to-tax-clause“ für Rentner. Das freut Rentner aus Österreich und der Schweiz, ist aber weniger erfreulich für die Pensionäre dieser Länder.